15. Juli 2012
Ratspräsidentschaft/Zypern
Für ein besseres Europa
Mit Effizienz und Wachstum will Zypern ein besseres Europa erreichen. So kündigt es die Ratspräsidentschaft an. Aber die „Insel der Aphrodite“ könnte auch zum Symbol eines europäischen Solidaritätsverständnisses werden.
Zypern hat in der zweiten Jahreshälfte 2012 die rotierende Ratspräsidentschaft inne. Damit bestimmt die „Insel der Aphrodite“ nun maßgeblich mit – bei der Vermittlung von Kompromissen, der Repräsentation und der strategischen Steuerung über die Agenda der EU.
Dass dies eine besondere Ratspräsidentschaft werden könnte, dafür gibt es viele Anzeichen: Es ist die erste Ratspräsidentschaft des kleinen Inselstaats im Mittelmeer. Zyperns Beziehungen zum Nachbar und Beitrittskandidaten Türkei sind belastet. Zypern ist seit 1974 geteilt. Zyperns Präsident Dimitris Christofias ist Kommunist.
Doch es gibt noch etwas Bemerkenswertes: Bereits einen Tag nach der Übernahme der Ratspräsidentschaft durch Zypern landete die Troika auf der Insel, also Vertreter_innen der Europäischen Union (EU), des Internationalen Währungsfonds (IWF) und der Europäischen Zentralbank (EZB). Sie werden dort die Finanzen der Banken prüfen und analysieren, wie viel Geld Nikosia aus dem Euro-Rettungsschirm benötigt. Die Prüfung der Haushaltsbücher von Land und Banken dürften deutliche Ergebnisse hervorbringen, denn die zyprischen Banken sind eng mit der Wirtschaft Griechenlands verflochten. Aus dieser Analyse soll dann ein „Rettungsprogramm“ hervorgehen, dass hoffentlich neben den mittlerweile schon grundständigen Sparauflagen auch ein Wachstumsmodell enthalten wird.
Diese Situation kann als Problem für die Ausübung der Ratspräsidentschaft durch Zypern betrachtet werden. Sie birgt aber auch eine große Chance: Tatsächlich kann Zypern als Ratspräsidentschaft nicht zuletzt die Stimme der „Krisenländer“ stärken und damit eine ausgewogene Diskussion um das europäische Solidaritätsverständnis anleiten. Zyperns Vertreter_innen werden in diesen sechs Monaten mehr Gehör finden.
Die Entwicklungen rund um die zyprische Ratspräsidentschaft zu beobachten wird auch deshalb spannend, weil es zur ihren zentralen Aufgaben gehören wird, die Etatverhandlungen der EU voranzubringen. Und dafür hat die Ratspräsidentschaft bereits einen engagierten Zeitplan vorgelegt.
Bereits im September sollen Zahlen vorliegen, die beim Gipfel der Staats- und Regierungschefs im Oktober diskutiert und noch dieses Jahr beschlossen werden sollen. Ambitioniert ist dies nicht nur, weil sich Haushaltsverhandlungen meist ziehen, sondern auch weil die Diskussion im die Transaktionssteuer derzeit alles noch etwas komplizierter macht. Zu Beginn der Ratspräsidentschaft Zyperns hatten neun Staaten diese Steuer begrüßt. Streit gibt es aber auch noch um das „Wie?“. Polen etwa möchte die Steuer gerne direkt in den Haushalt der EU fließen lassen. Dieser Plan lässt derzeit vor allem Juristen zweifeln. Und es gibt auch politische Gegner, so auch Deutschland.
Dabei könnte die EU zusätzliche Haushaltsmittel nutzen, um beispielsweise andere Schwerpunkte der Ratspräsidentschaft zu realisieren. Bei der Vorstellung des Programms der Ratspräsidentschaft verwies Zyperns Europaminister Andreas Mavroyiannis auf vier zentrale Themen. Neben der Haushaltsplanung 2014 – 2020 sind dies der Abbau der Jugendarbeitslosigkeit, die Beziehungen zu den südlichen Nachbarn und ein Europäisches Asylsystem. Wie viel Zeit hierfür bis zum Januar 2013 noch ist, bleibt abzuwarten. Wünschenswert aber wäre es, dass gerade auch diese Themen zum europäischen Diskurs gehören, denn sie betreffen eben nicht nur Zypern, sondern auch ein besseres Europa.
Mehr zum Thema: www.cy2012.eu