13. August 2012
Polen
Skandale und Affären
Es war wie ein Erdbeben und es begann mit der Veröffentlichung von Aufnahmen, die mit der polnischen Regierungspartei Polskie Stronnictwo Ludowe (PSL), der Polnische Bauernpartei (Mitglied der Europäischen Volkspartei, EVP) in Verbindung stehen. Zwei prominente Politiker der PSL erklärten dort, wie Vetternwirtschaft in polnischen öffentlichen Unternehmen auch heute noch ein Problem darstellt. Oft bekämen sie Aufträge ohne Ausschreibungen und Staatsgelder würden für Auslandsreisen verschwendet. Das führte dazu, dass der Landwirtschaftsminister zurücktreten musste. Sein Nachfolger hat einen Sohn, der ebenfalls in einem öffentlichen Unternehmen arbeitet und mit dieser Verflechtung offenbar keine Probleme hat.
Als Journalisten anfingen, das Problem der Vetternwirtschaft einmal genau zu durchleuchten, stellte sich heraus, dass solche Verbindungen zwischen Politik und Wirtschaft offenbar der Regelfall sind. Der ehemalige Finanzminister Aleksander Grad legte sein Mandat nieder und verließ seine Wähler für ein Gehalt von 110.000 Zloty (ca. 27.000 Euro) , um lieber in einem öffentlichen Unternehmen zu arbeiten, das im Bereich der polnischen Atomenergie tätig ist. Nur zum Vergleich: Dieses Gehalt ist pro Monat vier mal so hoch, wie das durchschnittliche polnische Jahreseinkommen. Ohne Ausschreibung wurde er Chef der Agentur und man kann sich sicher sein, dass eine Mitgliedschaft bei der christlich-demokratische und wirtschaftsliberale Bürgerplattform (PO) solche Wunder vollbringen kann.
Während unser Land in den Bankrott rutscht, laufen die Geschäfte wie bei der Peudo-Bank Amber Gold. Die ist in ganz Polen aktiv und lockt ihre Kunden mit lukrativen Geschäften mit Gold an. Und was muss man feststellen? Amber Gold hängt mit dem Ende dem polnischen Billig-Flieger OLT Express zusammen: Dort nämlich arbeitet ein Sohn des polnischen Premierministers Donald Tusk. Und der soll laut Zeitungsberichten Amber Gold mit internen Informationen versorgt haben. Ab da wird es ziemlich kompliziert, aber es zeigt, dass nicht nur der Kampf gegen Korruption wichtig ist. Das Wort der Stunde in Polen ist „Vetternwirtschaft“.
Gastautor
Łukasz Naczas ist Spezialist für Online-Öffentlichkeitsarbeit mit einem Abschluss in Politikwissenschaft. Er ist Regisseur, Fernsehproduzent und Vorsitzender des Tourismusausschusses der Stadt Gniezno.