E U R O P A F O R U M

SPD Schleswig-Holstein

20. Januar 2013

Spanien
Spaniens Energiepolitik – zurück in die Steinzeit

Konserative PP plant Gas- und Ölförderung an der Costa del Sol

Erst im letzten Sommer hat die EU-Kommission Spaniens aktuelle Energiepolitik heftig kritisiert und Ministerpräsident Rajoy (PP) zu einer Rückkehr der unter der sozialistischen PSOE geführten, erfolgreichen Politik des Ausbaus der erneuerbaren Energien gefordert. Dies tat für die Europäische Energiekommission Günther Öttinger als EU-Kommissar, der Mitglied des selben Dachverbands der konserativen EPP ist. Im Zuge der Wirtschaftskrise herrscht im Regierungslager derzeit panikartige Konfusion, die in allen Bereichen des öffentlichen Lebens puren Aktionsismus auslöst. Auch im Energiesektor.

Nun plant die PP das nächste Husarenstück und möchte noch in diesem Jahr mit Probebohrungen für die Gas- und Ölförderung an Spaniens Küsten beginnen. Nicht etwa in aller Abgeschiedenheit, sondern direkt an der Costa del Sol auf einer Fläche von 220.000 ha entlang der Tourismus Orte Fuengirola, Mijas, Benamaldena, Torremolinos, Málaga und Rincon de la Victoria.

Begründet wird dies hauptsächlich mit der zu hohen Abhängkeit Spaniens von Energielieferanten aus anderen Ländern. Das Industrieministerium verbreitet Unsicherheit mit bewusst veränderten Zahlen und spricht von einem Abhängikeitsgrad von 90%. Laut EU-Kommission sind es tatsächlich 79% bei einem EU-Durchschnitt von 54%. Doch das Problem ist hausgemacht und die Entscheidung erneut auf fossile Energien zu setzen ein  Rückschritt.

Dabei sah es einmal anders aus. Spaniens Innovationskraft im Sektor der erneuerbaren Energien war vorbildlich und mit seinem Anteil von über 3% am Gesamternergiemix, lag es im Europäsichen Vergleich sogar auf Platz vier, was an einer vorbildlichen Subventionspolitik lag.

Spanien und insbesondere die Costa del Sol ist klimatisch privligiert für die Solarförderung, doch um den Haushalt zu retten, werden diese Förderungen nun eingestellt und stattdessen die Gefahr in Kauf genommen, den Hauptwirtschaftssektor einer ganzen Region zu zerstören. Es ist als würde man ein Kernkraftwerk in mitten eines ökologischen, landwirtschaftlichen Betrieb bauen und sich danach darüber wundern, warum die Kundschaft ausbleibt.

Die Region Andalusien ist abhängig vom Tourismus und Fischfang. 700.000 Menschen sind alleine in der Tourismusbranche beschäftigt und mit 70 Mrd. Euro und einem Anteil von über 15% am BIP Spaniens ist der Tourismus in Spanien schon längst einer der wichtigsten Wirtschaftsfaktoren. Auch die Fischerei und Umweltverbände sind in großer Sorge, da nur die geringste Störung einen nicht wieder gut zu machenden Eingriff in das empfindliche Ökosystem des Mittelmeers bedeuten könnte. Vorbereitende Sprengungen lösen alleine einen Unterwasser Lärmpegel von 135 db aus, was einen direkten Einfluss auf die Fischbestände haben wird. Unfälle wie Lecks und austretendes Öl sind hier noch gar nicht berücksichtigt.

Das konserative Lager der PP lässt die Bewohner der Region derzeit verwirrt und ratlos zuück. Während sich die Regierung in Madrid für die Erteilung einer Lizenz an das ausführende Unternehmen Repsol ausgesprochen hat, stellte sich die eigene Landespartei in Sevilla dagegen. Im Stadtparlament von Málaga stimmte die PP dem Vorhaben zunächst ebenfalls zu. Nachdem die Proteste der Opposition und der Anwohner immer lauter wurden, kippte sie aber ihre Entscheidung.

Das letzte Wort hat nun das Industrieministerium in Madrid, dass schon in diesem Februar eine Entscheidung treffen wird. Sollte sich das Ministerium für die Probebohrungen aussprechen, kann der nächste Mittelmeerurlaub schon bald zum Abenteuerurlaub werden.

Über Marc Oliver Nissen:
– Mitte vierzig
– Kind des analogen Zeitalters – lebend im digitalen
– lebe und arbeite in Spanien, Màlaga
– im Herzen Norddeutscher, Eckernförder
– habe eine Affinität zur Sprache im Allgemeinen
– lese gerne
– laufe gerne
– lebe gerne

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