E U R O P A F O R U M

SPD Schleswig-Holstein

11. November 2013

Deutschland
Europa ist mein Knackpunkt

Es ist bekannt: der Vertrag von Lissabon hat dem Europäischen Parlament viele neue und weitreichende Kompetenzen gegeben. Eine ist, dass der Präsident der  Kommission durch die stärkste Fraktion gestellt werden soll; Vorschlagsrecht liegt zwar noch beim Europäischen Rat, aber sie entscheiden nicht mehr wie lange allein. Folglich könnte bei den geneigten Europafans die Hoffnung entstehen, dass die Europawahlen im Mai 2014 ein neues Gewicht erhalten könnten.

Aber auch die Koalitionsverhandlungen in Berlin werden von diesem Umstand begleitet, wie die jüngste Diskussion um Martin Schulz zeigt. Und damit sind wir ohne große Umschweife beim Kern dieses Beitrags: Europa muss auch in Berlin bei den Verhandlungen eine zentrale Rolle spielen. Bei vielen Themen scheint es möglich, Lösungen zu finden. Diese können natürlich unterschiedlich beurteilt werden.

Doch „Europa“ ist für zahlreiche Genoss*innen der Knackpunkt für den Abschluss erfolgreicher Koalitionsverhandlungen: Für mich und für viele Jusos ist Europa DAS zentrale Thema, das über ein Ja oder ein Nein beim Mitgliederentscheid entscheidet – unabhängig eventueller prinzipieller Erwägungen.

In den vergangenen Jahren hat die SPD die Politik der Bundesregierung in Europafragen weitgehend mitgetragen. Immer mit dem Verweis, viele wichtige Punkte „hereinverhandelt“ zu haben. Doch das reicht nicht, im Gegenteil: das ist noch viel zu wenig. Und genau hier liegen Hase und Hund begraben: Die SPD hat unabhängig von der Stärke ihres Wahlergebnisses, sei es 25,35 oder 45 Prozent,  immer eine historische Verantwortung in europäischen Fragen. Die SPD muss der Garant für ein soziales Europa sein, für ein Europa, das Jugendarbeitslosigkeit endlich beseitigt, für ein Europa,  das das Europäische Parlament endlich ernst nimmt und es mit dem Initiativrecht ausstattet. Das Parlament muss im Sinne der Bürger*innen Europas handeln können. Dazu gehört definitiv die Kraft, eigene Gesetze auf den Weg zu bringen.

Auch die Troika muss weg, soll heißen: die Kompetenzen der Europäischen Kommission müssen beschnitten werden! Es darf nicht weiter am Europäischen Parlament, nicht weiter an den Interessen der Menschen vorbei entschieden werden. Es muss zu einer Finanztransaktionssteuer, zu Schuldentilgungsfonds, zu echter Bankenregulierung und  zu einem Verbot von Nahrungsmittelspekulationen kommen; und der Privatisierungsirrsinn muss ein Ende haben! Es muss einem echten Kurswechsel geben. Weg von der scheußlichen, ausschließlichen Sparpolitik, hin zum sozialen, demokratischen Europa, das durch „Wachstumspakete“ errichtet wird. Das geht nur mit der SPD, die ihrer Verantwortung gerecht wird.

Hier müssen die Koalitionsverhandlungen konkrete und weitreichende Maßnahmen liefern, wenn sie mein Ja wollen. Und ganz ehrlich: es sieht momentan doch eher dünn aus. Und das beurteile ich im Sinne Europas und europäischer Politik, nicht aus prinzipieller Ablehnung der Großen Koalition.

Der Autor: Moritz Deutschmann hat in Kiel Europäische Ethnologie und Empirische Sprachwissenschaften studiert. Er absolviert momentan ein Praktikum bei der Europaabgeordneten Ulrike Rodust in Brüssel und kandidiert als Stellvertretender Juso-Bundesvorsitzender auf dem Bundeskongress der Jusos im Dezember.

Enrico Kreft

sozial, demokratisch, europäisch, nordisch

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