Together for Change!
Vor der Kulisse des zunehmenden Nationalchauvinismus in einigen EU-Mitgliedstaaten kamen vom 8. bis zum 10. März dieses Jahres Aktivistinnen und Aktivisten der europäischen Sozialdemokratie in Budapest, der Hauptstadt des zurzeit wegen seiner Verfassungsreformen streitbarsten EU-Mitglieds Ungarn zusammen. mehr…
Die US-Wahlen am 6. November
Der Friedensnobelpreis 2012
Das norwegische Nobelpreiskommittee hat dieses Jahr den Friedensnobelpreis an die Europäische Union verliehen. Es würdigte damit die Leistungen, die die Union und ihre Vorgängerorganisationen für den Frieden und Zusammenhalt der europäischen Länder in den letzten 60 Jahren erbracht hatten. Gleichzeitig drückt der Preis die Hoffnung aus, dass die Europäische Union eine Lösung zu ihrer derzeitigen Krisensituation findet. mehr…
Vom Kongress der Sozialdemokratischen Partei Europas in Brüssel
Kongress der Sozialdemokratischen Partei Europas in Brüssel: Europawahlen 2014: Ein gemeinsamer Spitzenkandidat, ein gemeinsames Programm, ein gemeinsamer Wahlkampf!
Brüssel statt Bukarest. Kurzfristig wurde der für die rumänische Hauptstadt einberufene Kongress der Sozialdemokratischen Partei Europas (SPE) nach Belgien verlegt. Hintergrund: Die politische Situation in Rumänien, u.a. mit einem andauernden Machtkampf zwischen der Regierung unter dem sozialdemokratischen Ministerpräsidenten Victor Ponta und dem konservativen Präsident Traian Basescu. Mit der Verlegung wollte das SPE-Präsidium vermeiden, dass die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit sich auf die innerrumänische Situation richtet, statt auf das Hauptthema des Kongresses, wie ein sozialdemokratischer und progressiver Weg aus der Wirtschafts- und Finanzkrise in Europa aussehen kann. Auch die SPD unterstützte die Verlegung, die leider aufgrund ihrer Kurzfristigkeit nicht nur erhebliche organisatorische Herausforderungen brachte, sondern auch zur Folge hatte, dass der Kongress nur einen Tag stattfand, anstatt der vorgesehenen eineinhalb Tage. So blieb leider sehr viel weniger Zeit zu der notwendigen Diskussionen, die doch so dringend notwendig sind, wenn die europäische Sozialdemokratie ihre Zusammenarbeit und damit ihren Einfluss stärken will. Auch die Tagungsbedingungen, dicht gedrängt in einem großen Kinosaal ohne Tische, waren nicht gerade ideal.
Vorbereitungen auf die Europawahlen 2014
Trotz dieser eher ungünstigen Ausgangsbedingungen muss man den Kongress insgesamt als erfolgreich bezeichnen. Er brachte mit der einstimmigen Annahme der Grundsatzresolution „Together for the Europe we need” eine gemeinsame Positionierung der sozialdemokratischen Parteien Europas. Diese ist auch eine gute Grundlage für ein gemeinsames Wahlprogramm, mit denen die sozialdemokratischen Parteien gemeinsam zu den Europawahlen 2014 antreten werden. Damit wächst die Chance, 2014 endlich einen europäischen Wahlkampf zu führen und nicht 27 einzelne nationale Wahlkämpfe. Übrigens etwas, dass die SPD Schleswig-Holstein bereits seit längerem gefordert hat.Dazu zählt auch, dass es einen gemeinsamen europäischen Spitzenkandidaten geben soll, der für das gemeinsame Programm steht. Der Kandidat soll – so der Beschluss- in einem „offenen, transparenten und demokratischen Prozess” gewählt werden. Das gemeinsame Programm sollen alle SPE-Mitgliedsparteien gemeinsam entwickeln. Es bleibt zu hoffen, dass auch dieser inhaltliche Diskussionsprozess transparent verläuft, so dass die einzelnen Parteien und nicht nur die Vorstände sich einbringen können. In die Statuten wurde extra neu das Instrument eines Wahlparteitages aufgenommen, der vor den Europawahlen einberufen wird und den gemeinsamen SPE-(Spitzen) Kandidaten wählt, der damit der Kandidat für den Präsidenten der EU-Kommission der Sozialdemokraten in Europa ist. Der Wahlparteitag wird auch das gemeinsame Wahlprogramm verabschieden. Mehr noch: Wörtlich heißt es im Beschluss: „Wir sind die erste europäische Partei, die tatsächlich einen europäischen Wahlkampf führen wird, der in ganz Europa sichtbar sein wird mit gemeinsamen Botschaften und einem gemeinsamen Gesicht.” Den Wählerinnen und Wählern soll klar gemacht werden, dass die Wahl einer sozialdemokratischen Mehrheit im Europäischen Parlament sich positiv auf ihr Leben auswirken wird.
Aber auch die Zusammenarbeit und der Austausch der einzelnen SPE-Parteien soll verbessert werden: Die Parteien sollen sich mehr als bisher in den nationalen Wahlkämpfen unterstützen. Dazu soll eine Plattform für die Mitgliedsparteien zum Austausch bewährter Praktiken im Wahlkampf, in der Parteiorganisation sowie für politische Ideen eingerichtet werden. Eine besondere Rolle spielen dabei die „PSE-Activists“- Parteimitglieder, die sich mit Kampagnen und Aktivitäten in die europäische Politik einmischen und gemeinsame inhaltliche Positionen erarbeiten und fortentwickeln.
Sozialdemokratische Wege aus der Wirtschafts- und Finanzkrise
Inhaltlicher Schwerpunkt des Kongresses war natürlich die Finanz- und Wirtschaftskrise und das Scheitern der Austeritätspolitik der konservativen und liberalen Regierungen und der Europäischen Union. Dagegen will die SPE eine Politik setzen, die zuerst Wachstum und Beschäftigung für Frauen und Männer ankurbelt. Durch Investitionen müssen Wachstumsimpulse gegeben werden. „Um diese erforderlichen Maßnahmen zu finanzieren, werden wir eine europäische Finanztransaktionssteuer umsetzen” heißt es in dem Beschluss. (Im übrigen war in dem ersten Resolutionsentwurf von der Finanztransaktionssteuer noch nicht die Rede.) Die SPE fordert, dass die Kosten der Schuldendienste wieder unter Kontrolle gebracht werden. Ein Ausstieg einzelner Länder aus dem Euroraum muss verhindert, Spekulationen über ein Auseinanderbrechen des Euroraums muss Einhalt geboten werden: „Ein europäischer Schuldentilgungsfonds bzw. die Einführung von Eurobonds sind Maßnahmen, die Solidarität fördern sowie zur Stabilisierung unserer Währung und zur Wiederherstellung unseres Wettbewerbsvorteils als vereinte Wirtschafts- und Währungsunion …beitragen könnten.” Diejenigen, die über höhere Einkommen und höheren Wohlstand verfügen, müssen einen angemessenen und fairen Beitrag dazu leisten.
Eine europäische Jugendgarantie
Zweites inhaltlich herausragendes Thema war die Forderung nach einer „Jugendgarantie”. Bei einer Jugendarbeitslosigkeit beispielsweise in Griechenland oder Spanien von mehr als 50% eine richtige Schwerpunktsetzung der SPE. Die Delegierten forderten eine europäische Jugendgarantie, die in allen Mitgliedstaaten schrittweise umgesetzt werden soll und mit der jeder jungen Frau und jedem jungen Mann ein staatlich garantiertes Recht auf einen neuen Arbeitsplatz oder eine Lehrstelle bzw. eine Weiterbildungsmaßnahme spätestens vier Monate nach Verlassen des Bildungssystems oder dem Verlust des Arbeitsplatzes zugesichert wird. Darüber hinaus soll unverzüglich ein Europäisches Beschäftigungsprogramm in Höhe von mindestens 10 Milliarden Euro aufgelegt werden. Damit sollen neue Arbeitsplätze und eine bessere Aus- und Weiterbildung finanziert werden.
Ein neuer SPE-Präsident
Der Kongress wählte den ehemaligen bulgarischen Ministerpräsidenten Sergei Stanishev zum neuen Vorsitzenden als Nachfolger des Dänen Poul Nyrup Rasmussen. Sergei Stanishev hob hervor, dass die Menschen in ganz Europa eine politische und soziale Union benötigen und verdienen, die ihre Interessen berücksichtigt. Diese Union zu bauen ist die Aufgabe der Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten Europas: Eine Union mit fairem, nachhaltigem und grünem Wachstum, mit Beschäftigung, Gleichheit und Solidarität. Neuer Generalsekretär wurde Achim Post aus dem Willi-Brandt Haus. Weder der Generalsekretär noch die vier Vizepräsidenten werden vom Kongress gewählt. Hier ist noch einiges zu tun, um die Mitwirkungsrechte der Delegierten zu stärken. Gleiches gilt auch für inhaltliche Debatten. Dies forderten auch deutsche Delegierte in der (kurzen) Aussprache zur Grundsatzresolution: mehr Raum für das Diskutieren von kontroversen Positionen würden die SPE insgesamt stärken, denn nur so könne man sich besser verstehen und eine gemeinsam getragene Positionierung erarbeiten. Dafür erhielten die beiden Redner viel Beifall, nicht nur von der SPD-Delegation. Dies umzusetzen und mehr Diskussions – und Entscheidungsmöglichkeiten zu schaffen, einschließlich dem Treffen von Mehrheitsentscheidungen ist eine Aufgabe, der sich die SPE in den nächsten Jahren annehmen muss.
Martin Tretbar-Endres, Sprecher Europaforum der SPD-SH, Delegierter auf dem SPE-Kongress 2012
Weitere Informationen und der Wortlaut des Beschlusses unter www.pes.eu
Freitag: ACTA ist beispielhaft
Ein kurzer Lesetipp beim FREITAG: „[Ctrl][Alt]Europa – Der Protest gegen Acta hat gezeigt, dass es eine gemeinsame Öffentlichkeit in Europa geben kann. Wie aber geht es weiter?“ Der Autor Steffen Kraft findet wir sollten uns nicht darauf verlassen, dass „die da oben“ sich um die Demokratisierung der EU kümmern und wir sollten deswegen nach Netzthemen wie Vorratsdatenspeicherung und ACTA auch sperrigere Themen angehen.
Bloggen zum ESM und dem Fiskalpakt
Karsten Wenzlaff vom Institut für Kommunikation in sozialen Medien (ikosom) hat zu einer Blog- und Twitterparade zum Thema Fiskalpakt aufgerufen. Damit will das Institut bereits im Vorfeld einer Veranstaltung am 30. Juni 2012 in Berlin, Meinungen und Ideen einholen, um dann vor Ort darüber zu diskutieren. mehr…
Der freie Markt in der Praxis
Ein wesentlicher Kern der Europäischen Union sind die vier Grundfreiheiten, die umgesetzt werden sollen: der freie Personenverkehr, der freie Warenverkehr, die Dienstleistungsfreiheit sowie der freie Kapital- und Zahlungsverkehr. In der Praxis erweist sich das allerdings als schwierig, wie ich kürzlich erfuhr.
Am 06. Juni lud die Europa-Union nach Kiel zu einer Veranstaltung ein unter der Überschrift „Grenzenlos leben und arbeiten in Schleswig-Holstein?”, um über die Bedingungen im grenzüberschreitenden Arbeitsmarkt zwischen Deutschland und Dänemark zu berichten. Konkret ging es vor allem um die Arbeit in der Region Sønderjylland-Schleswig und dort um die kleinen Probleme, die dort auftreten. Als Lübecker sind die geschilderten Probleme zwar räumlich weit entfernt, aber dennoch interessant zu hören: Wenn etwa deutsche Unternehmen ihre Vorhaben im dänischen Gebiet zwei Wochen vorher anzumelden haben oder Arbeitsgerüste als Teil der Arbeitssicherheit unter nationale Regeln fallen und somit von dänischen Firmen bereitgestellt werden müssen, was dann natürlich die Arbeit vor Ort etwas erschwert. Auch für Arbeitnehmer gibt es kleinere Hürden, wenn etwa in Dänemark der Weg zur Arbeit nicht versichert ist. Das ursprüngliche Anliegen der Europäischen Mitgliedstaaten, nämlich die Schaffung eines grenzüberschreitenden Marktes, in dem jeder seine Arbeitskraft, Waren und Dienstleistungen anbieten kann, scheint in der Praxis noch ein gutes Stück entfernt zu sein.
Falls ihr in solchen grenznahen Regionen lebt: Wie sind eure Erfahrungen? Wie funktioniert der freie Markt bei euch vor Ort?